Drei Beispiele zeigen, dass auch in Deutschland ein bisschen Trump herrscht
Die USA von heute sind das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, wenn es um den Kampf gegen Medien und ungeliebte Meinungen geht. Nach 111 Jahren Besetzung durch ein unabhängiges Gremium baut Donald Trump den Journalistenpool, dem er direkten Zugang gewähren will, nach persönlichem Geschmack um.
Das Weiße Haus wolle „Tag und Nacht“ entscheiden, welche Journalisten zugelassen werden. Kurz: Die Guten ins Kröpfchen, also an Bord der Airforce One und ins Oval Office, die Schlechten ins Töpfchen. Beispiel 1 aus den USA.
Die spinnen, diese Amerikaner
Beispiel 2: Amazon-Gründer Jeff Bezos hat Redakteuren seiner „Washington Post“ am Mittwoch mitgeteilt, welche Meinungen auf den Meinungsseiten der Zeitung, die er 2013 gekauft hat, noch niedergeschrieben werden dürfen.
Kurz: Es ist seine eigene. Kommentiert wird zukünftig nur noch nach dem Motto America first: „Ich bin von Amerika, für Amerika.“ Themen sind „Freiheit und freier Markt“. Da schütteln wir Deutsche gerne den Kopf und denken uns: Die spinnen, diese Amerikaner.
„Vergiftung des politischen Klimas“
Tatsächlich sind wir auch in Deutschland zumindest ein bisschen Trump. Die letzte Große Koalition aus Union und SPD hat kurz vor ihrem Abschied im Jahr 2021 noch gesetzlich verankert, dass Beleidigungen gegen „im politischen Leben des Volkes stehende Personen“ härter verfolgt werden.
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Mit einer Höchststrafe bis zu drei Jahren sollte eine „Vergiftung des politischen Klimas“ bekämpft werden. Seitdem gibt es keine Schwachköpfe mehr in der deutschen Politik. Zumindest ist es riskant, diese Beleidigung gegen einen Politiker auszusprechen. Man darf seine Meinung haben. Aber man sollte nicht jede Meinung äußern. Zumindest dann nicht, wenn sie als Beleidigung verstanden werden kann.
Mafia aus Medien und Meinungsforschern
Böse sind auch in Deutschland, ganz wie in den USA, natürlich die Medien. Wer den Grund sucht, warum das Bündnis Sahra Wagenknecht am Wahlsonntag an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert ist, der muss den eigenen Kopf nicht lange strapazieren. Es ist, klar: eine Kampagne. Die BSW-Gründerin und -Namenspatronin war am Wahlsonntag abgetaucht und verstummt. Aber nur um sich in der Woche danach sehr lautstark wieder zu Wort zu melden. „Systematisch niedergeschrieben“ habe man ihre Partei.
Und zwar gewissermaßen von einer Mafia aus Medien und Meinungsforschern. So soff das BSW letztlich ab unter „einer Welle von Artikeln in nahezu allen großen Medien, dass das BSW immer weiter an Zustimmung verliert und es wahrscheinlich nicht in den Bundestag schafft“.
Weil in der heutigen Zeit jede Schuldzuweisung auch immer noch einen Tick schriller geht, schalten wir zum BSW-Lautsprecher Fabio De Masi. Bei ihm klingt das dann so: „Wenn Forsa gegen den Trend kurz vor der Wahl eine Drei-Prozent-Umfrage herausbläst … dann haben wir rumänische Verhältnisse. Wir müssen über Desinformation in Deutschland sprechen!“
Die Regierung, die Union und 551 Fragen
Mit Meinung und ihrer Freiheit beschäftigt sich auch die zukünftige Regierungspartei CDU. Mit gleich 551 Fragen hat die Unionsfraktion eine ziemlich große sogenannte „Kleine Anfrage“ zur Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen gestartet. Da geht es um die, so der Titel, „Politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen“.
Der Vorwurf ist klar: „Dies wirft die Frage auf, inwiefern sich gemeinnützige Vereine, die zusätzlich noch mit Steuergeldern gefördert werden, parteipolitisch betätigen dürfen, ohne ihren Gemeinnützigkeitsstatus zu verlieren.“ Finanziert da die alte Regierung Meinungen, die ins eigene Bild passen?
Zustände wie in Rumänien. Und Ungarn. Oder so
Die Organisationen hatten zu Demonstrationen gegen rechts aufgerufen. Und damit diesen heftigen Schluckauf bei CDU und CSU ausgelöst. Womit wir auch hier sofort wieder im Grundsätzlichen sind – diesmal allerdings nicht in Rumänien wie bei Fabio De Masi, sondern in Ungarn.
Diese Methoden erinnern, so schimpft Sven Giegold, Mitglied des Bundesvorstands der Grünen, an Methoden Viktor Orbáns und „anderen autoritären Regierungen, die den Raum der Zivilgesellschaft einschränken“.
Das wird man wohl noch sagen dürfen
Was wir lernen? Freiheit, auch die Freiheit der Meinung, ist schön – solange es um die eigene Freiheit und die eigene Meinung geht. Bei all den anderen, und von denen gibt es ja so viele, empfindet der Mensch Meinung gerne als ein Zusammenziehen der Worte Mein und Dung.
Mehr Gelassenheit könnte da nicht schaden. Sagen wir es mit einem CDU-Politiker, der es auch schon mal zum Kanzler dieses Landes gebracht hat: „Nehmen Sie die Menschen, wie sie sind. Andere gibt es nicht.“ Aber Konrad Adenauer kam ja aus dem Rheinland, wo man Karneval und Toleranz kann. Friedrich Merz ist Sauerländer. Das wird man ja wohl noch sagen dürfen.