Im wichtigsten Moment versagt Alonso - ihm droht das Guardiola-Syndrom
Mitte Februar wurde Xabi Alonso gefeiert. Seine Leverkusener dominierten die Bayern, ließen keinen Torschuss (historisch!) zu und konnten nur wegen enormem Chancenpech die Münchner nicht schlagen. Zweieinhalb Wochen später gab sich Alonso vor dem Achtelfinal-Hinspiel in München selbstbewusst - und geriet dann unter die Räder. 0:3 verlor die Werkself das Königsklassen-Duell.
Der Spanier setzte wie beim 0:0 im Februar auf eine Aufstellung ohne Mittelstürmer. Die Brecher Patrik Schick und Victor Boniface saßen auf der Bank, stattdessen sollten Florian Wirtz, Nathan Tella, Jeremie Frimpong und Alejandro Grimaldo in der Offensive wirbeln. Im Tor setzte Alonso auf Matej Kovar und nicht auf den routinierten Lukas Hradecky.
Alonsos Dominanz täuschte über Vieles hinweg
In den bisherigen Spielen gegen Vincent Kompanys Bayern wählte Alonso einen ähnlichen Ansatz. Der Erfolg gab ihm Recht, täuschte aber auch über Vieles hinweg. Im DFB-Pokal-Achtelfinale stand Bayer trotz einer frühen Roten Karte gegen Manuel Neuer ohne Stürmer unter Dauerdruck, gewann glücklich mit 1:0.
Beim Spiel im Februar ging es den Münchnern auch darum, die Kräfte für das Playoff-Rückspiel gegen Celtic Glasgow zu schonen. Das spielte Alonsos Taktik in die Karten, Leverkusen war extrem dominant, doch die Bayern nahmen mit Kompanys konservativem Ansatz den wichtigen Punkt mit.
Für den Champions-League-Gipfel hat Alonso seine Taktik nicht angepasst. Doch diesmal waren die Bayern weder in Unterzahl noch im Schongang. Sie waren vorbereitet.
Die Münchner träumen vom „Titel dahoam“ und gingen diesmal mit voller Intensität ins Spiel. Außerdem zog Kompany seine Lehren aus den letzten Aufeinandertreffen und ließ Leverkusens Lenker Granit Xhaka und das kreative Hirn Florian Wirtz komplett aus dem Spiel nehmen. So vermisste Bayer einen Mittelstürmer schmerzlich, hatte offensiv nur eine Großchance von Frimpong - Schick hätte sie verwandelt. Und hinten sorgte Kovar mit einem Patzer für das 0:2.
Alonso erinnert an Guardiola - im Guten wie im Schlechten
Alonsos Sturheit erinnert an einen alten Bekannten in München - Pep Guardiola. Der Spanier traf in der Champions League schon etliche Male verkopfte oder sture Entscheidungen, die ihm am Ende den Titel kosteten.
2017 war er mit Manchester City im Achtelfinale klarer Favorit gegen Monaco - im Rückspiel verschlief sein Team die Anfangsphase und flog raus. Drei Jahre später leistete sich Guardiola im Viertelfinale gegen Olympique Lyon einen folgenschweren Fehler. Er entschied sich dazu, ohne Mittelstürmer aufzulaufen. City verballerte mehrere Großchancen, Lyon konterte und zog sensationell ins Halbfinale ein. Ein Jahr später kam Pep im Finale gegen Thomas Tuchels Chelsea plötzlich auf die Idee, seinen defensiven Anker Rodri nicht auf der Sechs aufzustellen und erneut ohne Stürmer zu spielen - wieder scheiterte er kläglich.
War Leverkusens 0:3-Klatsche in München nun ein taktisches Problem? „Vielleicht, könnte sein“, antwortete Alonso im Dazn-Interview. Dann schob er allerdings vieles auf Kovars Patzer, die Gelb-Rote Karte gegen Nordi Mukiele und den Foulelfmeter für die Bayern. Nicht planbare Szenen, die ein Spiel auf den Kopf stellen können. Sie wären allerdings vermeidbar gewesen.
Alonso droht das Pep-Syndrom. Auch bei der 0:3-Pleite im Europa-League-Finale gegen Atalanta Bergamo stellte er keinen Mittelstürmer auf. Atalanta nahm Wirtz aus dem Spiel, und wie gegen Bayern fehlte dann die offensive Durchschlagskraft. So verspielte Alonso das Triple. Das Rückspiel gegen Bayern am kommenden Dienstag wird zeigen, ob er diesmal seine Lehren daraus ziehen wird.
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