Fertigprodukte verändern das Gehirn – wer sich an vier Regeln hält, hält seines gesund
Morgens ein schnelles Müsli oder Zerealien aus der Packung, Mittags ein fertiges Sandwich und abends die Tiefkühlpizza. Wer sich auf diese Weise ernährt, ist damit nicht allein.
Hochverarbeitete Lebensmittel – sogenannte Ultra-Processed Foods (UPFs) – machen in westlichen Ländern bis zu 60 Prozent der täglichen Kalorienzufuhr aus. Doch was viele nicht wissen: Diese Produkte haben weitreichendere Folgen als eine mögliche Gewichtszunahme.
Eine Studie zeigt: Schon fünf Tage mit verarbeiteten Snacks reichen aus, um das Gehirn nachweislich zu verändern – selbst bei gesunden jungen Männern ohne Übergewicht. Die Veränderungen betreffen genau jene Hirnregionen, die für Motivation, Impulskontrolle und Belohnungsverarbeitung zuständig sind.
Was in Ihrem Gehirn passiert, wenn Sie Fertigprodukte essen
Die Teilnehmer der Studie erhielten zusätzlich 1500 Kalorien pro Tag in Form von Süßigkeiten, Chips und anderen typischen verarbeiteten Lebensmitteln. Gewicht nahmen sie in den wenigen Tagen kaum zu – doch die inneren Veränderungen waren gravierend:
- Die Leberfettwerte stiegen um 63 Prozent
- Die Insulinaktivität im Gehirn veränderte sich – besonders in Regionen, die für Essverhalten und Belohnung zuständig sind
- Die weiße Substanz, das Leitungsnetzwerk für Informationen im Gehirn, wurde messbar geschwächt
- Gleichzeitig sank die Sensibilität für Belohnung – der Antrieb, Gutes zu erleben, wurde gedämpft
Besonders alarmierend: Die Effekte hielten an, selbst nachdem die Teilnehmer wieder eine normale, gesunde Ernährung aufnahmen.
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Verarbeitete Lebensmittel wirken wie ein Schalter im Kopf
Die Studienergebnisse machen deutlich: Verarbeitete Lebensmittel verändern uns von innen – und zwar schneller, als man denkt. Die neuronalen Veränderungen treten auf, bevor man zunimmt, bevor sich der Blutzuckerspiegel dauerhaft verändert, bevor sich das körperliche Wohlbefinden spürbar verschlechtert.
Anders gesagt: Der Körper folgt dem Gehirn. Wenn dieses „umprogrammiert“ wird, wächst das Verlangen nach mehr – nach genau jenen Produkten, die die Veränderung ausgelöst haben. Ein Teufelskreis entsteht.
Beunruhigende Zusatzstoffe
Hochverarbeitete Produkte enthalten nicht nur viel Zucker, Fett und Salz – sondern oft auch eine beunruhigende Liste an Zusatzstoffen. Dazu zählen:
- Konservierungsmittel wie BHA, die mit Krebs in Verbindung gebracht werden
- Künstliche Farbstoffe, die das Verhalten von Kindern beeinflussen können
- Emulgatoren, die die Darmflora schädigen
- Süßstoffe wie Aspartam, die das Belohnungssystem verändern
- Titandioxid, das Zellschäden hervorrufen kann
Das große Problem: Viele dieser Stoffe wirken nicht sofort, sondern langfristig – still, leise und oft unbemerkt.
Mit vier Regeln gelingt eine Ernährung, die Ihr Gehirn gesund hält
Wer seinen Speiseplan bewusst umstellt, kann viele der beschriebenen Veränderungen wieder rückgängig machen.
Entscheidend ist eine Ernährung, die nicht nur den Körper, sondern auch das Gehirn gesund hält:
- Mehr natürliche Lebensmittel: Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte – möglichst frisch und wenig verarbeitet.
- Weniger Verpackung, mehr Inhalt: Je kürzer die Zutatenliste, desto besser.
- Ballaststoffe und fermentierte Lebensmittel: Sie fördern eine gesunde Darmflora – und die wiederum beeinflusst das Gehirn.
- Bewegung und Schlaf: Beides hilft dem Körper, das hormonelle Gleichgewicht wiederzufinden.
Vier Tipps für schnelle, unverarbeitete Gerichte
Und was, wenn die Zeit fehlt? Auch mit wenig Zeit lassen sich unverarbeitete Lebensmittel einfach in den Alltag integrieren.
- Meal Prep: Einmal kochen, mehrfach genießen. Gekochte Hülsenfrüchte, Quinoa oder Ofengemüse halten sich mehrere Tage im Kühlschrank.
- Schnelle Basics: Tiefgekühltes Gemüse, Naturjoghurt, Nüsse oder hartgekochte Eier sind schnell verfügbar – und kommen ohne Zusätze aus.
- Gesunde Snacks für unterwegs: Eine Handvoll Mandeln, ein Apfel oder Gemüsesticks ersetzen Müsliriegel & Co.
- Minimalistische Küche: Drei-Zutaten-Gerichte wie gebratener Brokkoli mit Ei oder Linsen mit Tomaten sind in 15 Minuten fertig – ganz ohne Zusatzstoffe.
Fertigprodukte sind ein Gesundheitsproblem. Wer regelmäßig zu ihnen greift, verändert unbewusst die eigene Wahrnehmung, das Essverhalten und langfristig auch die eigene Motivation. Wer hingegen bewusst zu natürlichen Lebensmitteln greift, stärkt nicht nur seinen Körper – sondern auch sein Gehirn.
Über Gerd Wirtz
Dr. Gerd Wirtz ist Neurophysiologe und seit vielen Jahren als Medizinmoderator, Bestsellerautor, Podcaster und Keynote Speaker auf internationalen Bühnen unterwegs. Seine Spezialgebiete sind Digital Health und Longevity. Seine Überzeugung, dass Digitale Medizin der entscheidende Schlüssel ist, um länger und gesünder zu leben, vermittelt er in seinen Vorträgen und Veröffentlichungen, kompetent und unterhaltsam. In seinen Podcasts „gesund&gesund“ und „beyond lifespan“ gibt er gemeinsam mit seinen Kollegen regelmäßig wertvolle Tipps zum gesunden Leben.
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