Berliner XXL-Schulden: Söder braucht Aiwanger, in München kursiert böses Gerücht

Sie sollten ihn mit ihrem "bundespolitischen Gequake" verschonen, sie hätten doch "null Ahnung von der Sache". Das sagte CSU-Chef Markus Söder am Aschermittwoch in Richtung seines Koalitionspartners in Bayern, den Freien Wählern. Ob die ihn in diesen Tagen daran erinnern werden? Denn klar ist, dass Söder die Freien Wähler gerade sehr dringend braucht, um nicht zu sagen: von ihnen abhängig ist. Und deshalb wackelt gerade die Regierung in Bayern und auch die geplante Koalition in Berlin.

Im Bundesrat kommt es wohl auf Bayern an

Grund ist das große Schuldenpaket, das der wohl nächste Kanzler Friedrich Merz mit seinem Koalitionspartner in spe, der SPD, in Berlin geschnürt hat. Für dieses Paket, inklusive Sondervermögen und Lockerung der Schuldenbremse, hat Merz am Freitag die Zustimmung der Grünen in Berlin bekommen. Die braucht er, weil es um Grundgesetzänderungen geht. 

Im Bundestag wird Merz sein Vorhaben am Dienstag also wohl durchbringen. Er braucht dann aber die Zustimmung des Bundesrates am Freitag. 41 Stimmen haben Union, SPD und Grüne dort wohl sicher. Um auf die erforderliche Mehrheit von 46 zu kommen, braucht Merz aber die sechs Stimmen aus Bayern.

Söder braucht die Freien Wähler

Das Problem: Söders Koalitionspartner in Bayern, die angesprochenen Freien Wähler, haben überhaupt keine Lust darauf, der KleiKo in Berlin zu gestatten, so viele Schulden zu machen. Finanzpolitische Vernunft ist einer der Kernpfeiler der Partei, die vor allem in Bayern größtenteils konservativ tickt. 

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Die FW haben das Bekenntnis zur Schuldenbremse sogar mit der CSU in den Koalitionsvertrag geschrieben. Ein anderer, wichtiger Pfeiler der FW ist aber die Verankerung in den Kommunen. Viele Landräte in Bayern sind Freie-Wähler-Leute und würden von den Milliarden aus Berlin profitieren. Deren Wünsche müssen die Landtags-Kollegen also auch beachten.

Ablehnung wäre Super-Gau für Söder

In dieser Gemengelage muss Markus Söder nun also dafür sorgen, dass er Wort halten kann. Teilte er doch bereits vor einigen Tagen mit, dass er fest an das Ja aus Bayern glaube. Für ihn geht es um extrem viel. Es wäre der absolute Super-Gau für Söder, würde das Merz-Paket, und damit wohl auch die Kanzlerschaft des Unions-Kandidaten, ausgerechnet an Bayern scheitern. 

Söder muss also die Freien Wähler irgendwie weichklopfen. Da kommt es ihm gelegen, dass die SPD in Bayern sich schon bereiterklärte, die Freien Wähler in der Staats-Regierung zu  ersetzen. Söder, so ist aus gut unterrichteten Kreisen in München zu hören, könnte diese Vorlage aufnehmen und den Flirt mit der SPD seinerseits anheizen, um den Druck auf die Freien Wähler zu erhöhen. Gerüchteweise gibt es sogar bereits Gespräche. 

CSU-Fraktionschef: "Werden im Bundesrat zustimmen"

Davon will die CSU offiziell überhaupt nichts wissen. Ihr Landtags-Chef Klaus Holetschek sagte zu FOCUS online: "Ich bin schon immer in gutem Kontakt mit der Fraktion der SPD im Landtag. Aber jetzt geht es darum, dass wir die Situation in der bestehenden Koalition lösen." Es sei für ihn „völlig klar, dass wir im Bundesrat zustimmen werden. Es wäre fatal für Deutschland, wenn wir das nicht tun würden. Ich glaube, dass wir gemeinsam in der Koalition mit den Freien Wählern eine Lösung finden werden, aus Verantwortung für Deutschland und auch für die Kommunen".

Aber der Elefant „Koalitionswechsel“ steht im Raum, das steht fest. Für Söder ist das für die Verhandlungen zumindest mal nicht schlecht. Und noch etwas schien am Wochenende für Söder zu laufen: Denn der Bayerische Landkreistag gab eine Meldung raus, wonach alle Landräte und Landrätinnen in Bayern, darunter auch 13 der Freien Wähler, für Strukturreformen und das geplante Infrastruktur-Sondervermögen seien. 

Das Problem: Diese Meldung stimmt so nicht. Viele der FW-Landräte wurden von der Meldung kalt überrascht. Der "Bayerische Rundfunk" meldet unter Berufung auf mehrere FW-Landräte, dass es weder einen solchen Beschluss gegeben habe, noch gebe es innerhalb der Freien Wähler einen Dissens zwischen Landes- und Kommunalpolitikern. Wurde diese Meldung, die der Landtagspräsident, ein CSU-Mann, rausgegeben hat, aus der CSU in München gesteuert, um die Freien Wähler zu spalten? Ein pikantes Gerücht.

Aiwanger ist der starke Mann: Konflikte mit Söder

Bei den Freien Wählern kommt viel, manche sagen alles, auf das Votum von Hubert Aiwanger an. Der bayerische Wirtschaftsminister ist seit Jahren der starke Mann der FW in Bayern und bundesweit der bekannteste Politiker der Partei. Er wollte auch auf Bundesebene für Furore sorgen, doch bei der jüngsten Bundestagswahl landeten die Freien Wähler weit hinter ihren Erwartungen. Dadurch sei auch Aiwanger persönlich geschwächt, meinen manche in München. 

Trotzdem: Aiwanger ist Vize-Ministerpräsident, sein Wort hat viel Gewicht. Er und Söder arbeiten nun zwar schon seit vielen Jahren zusammen, aber konfliktfrei ist ihre Beziehung bestimmt nicht. Immer wieder stichelt Söder gegen Aiwanger und dessen Partei, Aiwanger keilte auch mal zurück. Söder braucht Aiwanger, aber es nervt ihn, dass es so ist. Er würde viel lieber alleine ohne die Freien Wähler regieren. 

Wegen der Lage in Berlin muss sich Söder jetzt die Blöße geben und das große Schuldenpaket unterstützen. Obwohl er, wie beschrieben, eben etwas ganz anderes in seinen Koalitionsvertrag in Bayern geschrieben hat. Das gibt seinem Koalitionspartner jetzt die Möglichkeit, als finanzpolitische Vernunftpartei aufzutreten und die CSU vor sich herzutreiben, zu ärgern.

Aiwanger will mehr Respekt

Die Haltung innerhalb der Fraktion der Freien Wähler im Landtag ist schwierig einzuschätzen. Einerseits ist zu vernehmen, dass dort kaum jemand Lust hat, die Koalition platzen zu lassen. Die Frage stelle sich nur, ob die Fraktion stark genug wäre, Aiwanger von einem Nein abzuhalten. Andere gut informierte Personen weisen darauf hin, dass der FW-Fraktion das Bekenntnis zur Schuldenbremse ziemlich wichtig sei und man Reformen und einen grundsätzlich anderen Kurs in Berlin befürworte. Das wiederum würde dafür sprechen, dass auch die Landtagsabgeordneten von Söder schwer zu überzeugen sind.

Klar ist auch: Würden Aiwanger und seine Freien Wähler tatsächlich die Berliner Schuldenträume ablehnen, wäre zwar die Koalition in München am Ende. Aber die Aiwanger-Truppe würde aus den eigenen Reihen, aber auch aus der Union viel Beifall bekommen, wie aus CSU-Kreisen zu hören ist.  

Innerhalb der CSU stellt man sich selbstkritisch die Frage: Warum sollte Aiwanger den finanzpolitischen Verirrungen der Union in Berlin seinen Segen geben? Aiwanger halte nun alle Karten in der Hand.  Er gilt in München als freies Radikal. Und Aiwanger, selbst stolzer Landwirt, will ungern lediglich ein Steigbügelhalter für jemanden sein, der ihn wiederum gerne vom hohen Ross herab behandelt.

Aber sehr wahrscheinlich ist das Nein der Freien Wähler nicht. Wahrscheinlicher scheint, dass er und seine Partei sich ihr Ok gut bezahlen lassen. Und vielleicht bekommt Aiwanger ja auch die Zusage von Söder, künftig auf rhetorische Spitzen gegen die Freien Wähler zu verzichten, ihn ihn und seine Partei wirklich ernst zu nehmen.

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