Neue Studie zeigt: Vielen Veganern fehlen wichtige Nährstoffe
Veganerinnen und Veganern nehmen einer Studie zufolge oft nicht genügend für den Körper wichtige Aminosäuren zu sich. Eine Untersuchung von neuseeländischen Frauen und Männern, die sich vegan ernähren, hat bei vielen einen Mangel an diesen Bestandteilen von Proteinen festgestellt, wie eine Forschergruppe um Bi Xue Patricia Soh von der Massey University in Palmerston North (Neuseeland) im Fachjournal „Plos One" berichtet.
Insbesondere die Aminosäuren Lysin und Leucin nehmen nur etwa die Hälfte der Untersuchten in ausreichendem Maße mit ihrer Nahrung auf.
Aminosäuren wichtig für Körperfunktionen
Während Vegetarier kein Fleisch, aber Tierprodukte wie Eier, Milch oder Honig zu sich nehmen, ernähren sich Veganer vollkommen pflanzenbasiert. Deshalb müssen sie darauf achten, alle wichtigen Nährstoffe in ausreichender Menge aufzunehmen – auch die neun essenziellen Aminosäuren, die der menschliche Körper nicht selbst herstellen kann, aber dringend für verschiedene Körperfunktionen braucht. Denn: „Pflanzliche Proteine enthalten im Allgemeinen geringere Mengen an verdaulichen essenziellen Aminosäuren als tierische Proteine", schreiben die Studienautoren.
Die Forscher berücksichtigten nicht nur den Gehalt an bestimmten Aminosäuren in Lebensmitteln, sondern auch, wie gut diese verdaut werden können.
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Veganer führten Tagebuch über ihre Ernährung
Soh und Kollegen baten 2022 und 2023 neuseeländische Veganer, vier Tage lang ein detailliertes Tagebuch über ihre Ernährung zu führen. 193 solcher Tagebücher konnten ausgewertet werden und bildeten zusammen mit weiteren Messungen und Angaben zur Person, beispielsweise Größe und Gewicht, die Datengrundlage für die Untersuchung. Die Wissenschaftler nutzten Angaben zur Verdaulichkeit einzelner Lebensmittel, um zu ermitteln, wie viele der in der Nahrung vorhandenen Aminosäuren der Körper überhaupt aufnehmen kann. Die ermittelten Mengen der Aminosäuren in der Nahrung wurden mit Referenzwerten und dem jeweiligen Körpergewicht abgeglichen.
Im Allgemeinen nahmen die meisten Studienteilnehmer genügend Eiweiß zu sich. Im Durchschnitt waren die Männer mit 0,98 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag besser mit Proteinen versorgt als die Frauen (80 Gramm). Mit 73,1 Prozent waren Frauen in der Studie überdurchschnittlich vertreten. „Die untersuchte Grundgesamtheit spiegelt jedoch die typische Demografie der veganen Bevölkerung Neuseelands wider, in der das Verhältnis von Frauen zu Männern hoch ist, und repräsentiert die vegane Bevölkerung in Neuseeland", heißt es in der Studie.
Zwar genug Proteine – aber zu wenig Aminosäuren
Trotz der überwiegend guten Versorgung mit Proteinen zeigte die Auswertung mit Blick auf Aminosäuren, dass nur 75,6 Prozent der Teilnehmenden ausreichend Leucin und lediglich 66,3 Prozent genügend Lysin zu sich nahmen. Wenn die Verdaulichkeit der Eiweißquellen berücksichtigt wurde, sanken diese Werte auf 56 Prozent (Leucin) und 43,5 Prozent (Lysin). Auch die Aminosäure Valin war bei mehr als 20 Prozent der Untersuchten in zu geringer Dosis in der Nahrung vorhanden, doch für sie lagen den Forschern keine Daten zur Verdaulichkeit vor.
„Eine ausreichende tägliche Proteinzufuhr bei veganer Ernährung garantiert nicht immer eine hohe Proteinqualität; die bloße Betrachtung der Gesamtproteinzufuhr ohne Berücksichtigung der Proteinqualität führt zu einer Überschätzung der Proteinversorgung von Veganern", schreiben die Studienautoren. Die Wissenschaftler empfehlen, dass sich die Forschung mit der Identifizierung optimaler Kombinationen aus traditionellen und neuartigen pflanzlichen Lebensmitteln befassen sollte.
Hülsenfrüchte sollten bei Proteinquellen überwiegen
Das Vorgehen der Studienautoren hält Karlis Briviba vom Max-Rubner-Institut in Karlsruhe für plausibel und die Anzahl der Untersuchten für angemessen. Auch die getrennte Auswertung nach Geschlechtern sei bei diesem Thema wichtig. Briviba betont, dass Leucin und Lysin für die Herstellung von Proteinen im Körper notwendig seien. „Ein Mangel kann zu Muskelabbau oder Muskelschwäche führen und viele weitere wichtige physiologische und biochemische Funktionen im Körper beeinträchtigen", sagt der Karlsruher Forscher. Um den Eiweißbedarf zu decken, sollten Veganer stets unterschiedliche Proteinquellen miteinander kombinieren, etwa Hülsenfrüchte und Getreide; dabei sollte der Anteil an Hülsenfrüchten überwiegen.