Man muss den Grünen dankbar sein – trotzdem bleibt bitterer Beigeschmack

Deutschland kann aufatmen. Union, SPD und Grüne haben sich auf ein Finanzpaket verständigt. Die Mitte hält, die parlamentarische Demokratie funktioniert, Deutschland bleibt handlungsfähig. Schon das ist in diesen turbulenten Zeiten ein wichtiges Zeichen. Man darf den Grünen dankbar sein, dass sie dem erwartbaren Instinkt von Union und SPD, die Einigung für parteitaktische Ziele zu missbrauchen, etwas entgegengesetzt haben.

Michael Hüther ist Wirtschaftsforscher und seit 2004 der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln. Außerdem ist er Honorarprofessor an EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Oestrich-Winkel.

Clemens Fuest, Moritz Schularick, Jens Südekum und ich hatten in unserem Papier immer betont, dass die zusätzlichen Mittel keinen Verschiebebahnhof schaffen dürfen, bei dem die zusätzlichen Mittel nur Raum für neue soziale Wohltaten schaffen. Dass die Investitionen des Sondervermögens nun „zusätzlich“ erfolgen sollen, ist richtig und wichtig.

Staatspolitische Verantwortung muss heutzutage eine Maxime sein

Trotzdem bleibt ein bitterer Beigeschmack. Dass es in diesen Verhandlungen so nah ans Scheitern gekommen sind, macht wenig Hoffnung. Können wir uns wirklich einen Streit über die dritte Auflage der Mütterrente und den Agrardiesel leisten, während Trump zündelt, die NATO zu zerbrechen droht, die Ukraine und Europa hilfesuchend nach irgendeiner Stimme aus Deutschland suchen? Staatspolitische Verantwortung muss heutzutage eine Maxime sein, keine Plattitüde.

Ja, die finale Einigung kann man als gelungen ansehen. Immerhin wird das Geld im Sondervermögen Infrastruktur nun auch tatsächlich für die Infrastruktur ausgeben und nicht für soziale Zwecke, etwa die Rente; immerhin bekommt die Bundeswehr jetzt tatsächlich mehr Geld; immerhin entfällt der Halt am Verschiebebahnhof – bei allem vorausgesetzt, die kommende Bundesregierung unterlegt die Investitionen durch ein Gesetz zur Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung.

Einigung weckt Erinnerungen an schwierige Ampel-Jahre

Doch die Art und Weise, wie diese eigentlich positive Einigung zustande gekommen ist, weckt Erinnerungen an die schwierigen Ampel-Jahre. Diese Unsicherheit hätte es nicht gebraucht. Man mag hoffen, dass sie ein letzter Warnschuss für alle beteiligten Parteien war.

vt
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