Palantir: Wachsender Widerstand gegen US-Big-Data-Software für die Polizei

Der Bundesrat hat im März die Verwendung der Software “Gotham” des US-Konzerns Palantir für die in Bayern entwickelte "verfahrensübergreifende Recherche- und Analyseplattform" (VeRA) bundesweit als Interimslösung eingefordert. Doch mehrere Bundesländer legen sich quer, sodass aus diesem Ansatz nichts werden dürfte.

Insbesondere Hamburg hat sich noch in der Länderkammer für eine souveräne Lösung zur automatisierten Datenanalyse aus Europa ausgesprochen, was "eine Nutzung von Produkten des marktführenden, US-amerikanischen Anbieters Palantir ausschließt". Die derzeitige geopolitische Gesamtlage erfordere im Sicherheitsbereich eine zunehmende europäische Eigenständigkeit und Unabhängigkeit.

Eine europäische Lösung?

Es müsse sichergestellt sein, dass die Fähigkeit der angestrebten Big-Data-Plattform "als ein Schlüsselelement der künftigen digitalen Sicherheitsinfrastruktur in ihrer zuverlässigen Verfügbarkeit und ihrer Rechtskonformität keiner strukturellen Einflussnahmemöglichkeit durch ausländische Staaten" unterliege, gab Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) weiter zu Protokoll. Auszuschließen seien etwa Beeinträchtigungen oder gar die Einstellung des Hersteller-Supports sowie Datenausleitungen.

Bremens Bevollmächtigter beim Bund, Olaf Joachim (SPD), betonte: Die Implementierung eines gemeinsamen Datenhauses zur Informationsverarbeitung sowie eine Zwischenlösung dafür dürften "nicht zu einer verdachtsunabhängigen Überwachung führen". Vor allem besonders sensible persönliche Informationen wie Gesundheitsdaten sollten dabei "nicht grenzenlos und ohne Konturierung tatbestandlicher Voraussetzungen herangezogen werden".

Ein entsprechender Antrag Hamburgs, den neben Mecklenburg-Vorpommern Bremen, Niedersachsen, Saarland, Schleswig-Holstein & Thüringen unterstützten, verfehlte laut dem BR zwar die erforderliche Mehrheit. Sonst wäre das Nein zu Palantir in den Beschluss aufgenommen worden, den Sachsen-Anhalt, Bayern, Berlin und Hessen vorantrieben. Auch weitere Bundesländer hätten aber mitgeteilt, dass sie nicht beabsichtigten, ihre Polizeibehörden mit Palantir-Software auszurüsten.

"Schlüsselfirma der Überwachungsindustrie"

VeRA basiert – so wie die Lösung HessenData und das immer kostspieliger werdende System zur datenbankübergreifenden Analyse und Auswertung (DAR) der Polizei Nordrhein-Westfalen (NRW) – auf Gotham von Palantir. Das Unternehmen steht als "Schlüsselfirma der Überwachungsindustrie" in der Kritik.

"Palantir ist seit Jahren aus vielerlei Gründen hochumstritten", gab der Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz (Grüne) gegenüber der taz zu bedenken. So hätten Programme der Firma die in sie gesetzten sicherheitspolitischen Erwartungen nie erfüllt, weswegen auch Europol mittlerweile davon Abstand genommen habe.

Die Grünen, die in NRW mit in der Regierung sitzen, planten nötigenfalls auch "Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht", sagte von Notz. Das hatte den Einsatz automatisierter Datenanalysen durch Ermittler in Hessen und Hamburg in bisheriger Form bereits für verfassungswidrig erklärt.

Das Bundesinnenministerium war unter Nancy Faeser (SPD) dafür, für die Polizei eine eigene Recherche- und Analyseplattform ohne Palantir zu schaffen. In einem künftig wohl von der CSU geführten Haus könnte das anders aussehen.

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