Nach Signal-Affäre: Auch EU-Minister kommunizieren über Gruppenchat

>Auch die Außenminister und -ministerinnen der EU tauschen sich in einem Gruppenchat auf Signal aus und versenden dort unter anderem Selfies. Das hat die Europäische Union der niederländischen Investigativ-Plattform Follow the Money (FTM) bestätigt, erstmals publik gemacht wurde die Gruppe schon im vorigen Monat von Österreichs neuer Außenministerin Beate Meinl-Reisinger. Laut FTM hat der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) die Existenz der Gruppe eingestanden, eine Weitergabe von Inhalten aber abgelehnt. Andernfalls würden Vertrauen und Effektivität gestört. Das Eingeständnis erfolgt jetzt Wochen nachdem ein Gruppenchat hochrangiger Vertreter der US-Regierung publik geworden ist, weil versehentlich ein Journalist hinzugefügt wurde.

Inhalte sollen unter Verschluss bleiben

In einem Interview mit dem Standard hat Meinl-Reisinger (NEOS) am 21. März erzählt: "Es gibt eine Signal-Gruppe der Außenminister, wo mich netterweise mein Vorgänger Alexander Schallenberg mit einem gemeinsamen Selfie eingeführt hat." Verantwortlich ist demnach die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas. Wäre das nur wenige Tage später veröffentlicht worden, hätte es wohl deutlich mehr Aufmerksamkeit erhalten, denn am 24. März veröffentlichte The Atlantic den Artikel zum Gruppenchat der US-Regierung, in dem geheime Informationen zu US-Militärschlägen ausgetauscht wurden. FTM hat dann aber eine Informationsfreiheitsanfrage gestellt, um das erwähnte Selfie zu erhalten.

Wie das Portal jetzt schreibt, hat der EAD jenes Foto nun gefunden und damit eingestanden, dass es die Gruppe gibt, EU-Behörden Zugriff haben und das Selfie dort geteilt wurde. Weitergeben würde man es aber nicht. Das Magazin hat dagegen Berufung eingelegt und erinnert daran, dass in der Europäischen Union schon lange wichtige Entscheidungen über kommerziell verfügbare Kommunikationsdienste gefällt wurden, etwa über SMS von Regierungschefs wie der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Aber die EU habe deren Existenz "fast nie eingestanden", keine einzige dieser teils immens wichtigen Nachrichten sei bislang öffentlich gemacht worden. Zu einer SMS von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen läuft vor dem EuGH ein Verfahren.

Unterschiedliche Risiken durch frei verfügbare Messenger

Der Krypto-Messenger Signal gilt als vergleichsweise sicher, stammt aber aus den USA. Die Benutzung solcher öffentlich verfügbaren Anwendungen durch Minister und Ministerinnen bringt auch deshalb potenzielle Sicherheitsrisiken mit sich. Nach den Enthüllungen der vergangenen Wochen dürfte das Interesse von Geheimdiensten an dem Messenger noch einmal gestiegen sein. Hinzu kommt, dass man auf Signal einstellen kann, dass Nachrichten nach einer bestimmten Zeit automatisch gelöscht werden, was eine Archivierung verhindert. heise online hat beim Auswärtigen Amt nachgefragt, ob es für die Benutzung der App besondere Sicherheitsmaßnahmen gibt und was für Informationen darüber geteilt werden.

Derweil dürfte nun auch noch in den Fokus rücken, dass es laut einer weiteren Ministerin aus Österreich auch auf WhatsApp mindestens eine Gruppe gibt, in der sich Minister und Ministerinnen aus der EU austauschen. Schon am 14. März hat Familienministerin Claudia Plakolm (ÖVP) ebenfalls dem Standard erklärt: "Wir haben eine Whatsapp-Gruppe der EU-Ministerinnen und EU-Minister, und in der habe ich Informationen weitergegeben, wie Österreich den Familiennachzug stoppen will. Das ist auf großes Interesse gestoßen." Zu dieser Nachricht läuft eine Informationsfreiheitsanfrage über das Portal FragDenStaat.

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