Leistungsfeindliche Gießkannen-Tarifeinigung im öffentlichen Dienst schadet uns
Ein ordentliches Ergebnis, das Verdi hier für über zwei Millionen Angestellte bei Bund und Kommunen erzwungen hat: 5,8 Prozent mehr Lohn, ein zusätzlicher Urlaubstag und die Möglichkeit, bis zu drei weitere Tage freizunehmen.
Üblicherweise wird der Abschluss für die Angestellten später auch auf die Beamtenschaft übertragen. Zudem dient der Tarifvertrag dann auch als Vorbild für die 16 Länder und ihren 2,3 Millionen Beschäftigten.
Für den Steuerzahler sind diese Tarifverträge extrem teuer – und sie sind sehr ungerecht. Ungerecht, weil die Tarif-Vereinbarung pauschal für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen gleichermaßen gilt.
Tarif-Einigung im öffentlichen Dienst: Ist die Gießkanne sinnvoll?
Der neue Tarifvertrag schert all die unterschiedlichen Berufe im öffentlichen Dienst über einen Kamm. Haben wirklich alle mehr Geld und Urlaub verdient? Sicher die Bundespolizistinnen, Müllwerker, Busfahrer oder etwa Kita-Erzieherinnen, also die Leute, die täglich an ihre Grenzen gehen.
Und natürlich gibt es auch unter den Bürokraten und Schreibtisch-Tätern Leistungsträger, auf die Behörden und damit der Staat dringend angewiesen sind. Aber müssen wirklich alle in den Genuss von mehr Geld und Freizeit kommen?
Da wäre zum Beispiel die Referentin im Bundesumweltministerium, die seit dem Ampel-Ende im Herbst eine Art berufliche Freistellung genießt, bevor sie Anfang Juli schon wieder die achtwöchige politische Sommerpause totschlagen darf, wie sie FOCUS Online berichtet.
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In den letzten Jahren wurde für die Bundesbehörden viel zu viel Personal auf Vorrat angehäuft. Seit 2013 erhöhte sich allein in den Bundesministerien die Zahl der Beschäftigten um 30 Prozent.
Dazu machen verstärkt all die Berater von PWC, KPMG etc. die Arbeit, die eigentlich die Ministerialen erledigen sollten. Es gibt zu wenig zu tun, zu viel Leerlauf, die Gefahr des Boreouts ist hoch, wie Personen aus den Behörden berichten.
In den „Allgemeinen Diensten“ – also in reinen Büro-Jobs – arbeitet ein Drittel der 1,7 Millionen in den Kommunen Beschäftigten, dazu kommen nochmals rund 500.000 Büro-Beschäftigte beim Bund und 870.000 Beschäftigte bei Sozialversicherungsträgern und den „sonstigen Bereichen“.
Fehlanreize gesetzt: Mehr Dienst am Bürger mit mehr Urlaub?
Oder nehmen wir einen der Redaktion bekannten Mann vom Bürgeramt Hannover, der sich seit Jahren auf Entgelt-Stufe 9a mangels weiterer Aufstiegschancen in der "inneren Emigration" befindet. Er macht nur noch Dienst nach Vorschrift und sitzt bereits um 6:00 Uhr früh am Schreibtisch, damit er zügig zur Mittagspause wieder den Heimweg antreten kann.
Auch er bekommt nun mehr Geld, obwohl für ihn der stressigste Moment seines Arbeitstages das morgendliche Weckerklingeln ist, wenn er sich aus dem Bett quälen muss, wie er selbst bekundet.
Für viele Bürokraten und Büroarbeiter bei Bund, Kommunen und demnächst auch in den Ländern könnten mehr Geld und Urlaub kontraproduktiv sein. Die Arbeit und der Dienst an Bürgern und Steuerzahlern wird dadurch wohl nicht besser oder schneller. Sie benötigen vielmehr digitale Hilfsmittel, vielfach psychologische Unterstützung und Aufstiegschancen. Vor allem in den Kommunen.
Warum wird das Geld der Steuerzahler nicht in Digitalisierung gesteckt, um den Behörden die Arbeit zu erleichtern und den Service für die Bürger zu beschleunigen? Warum gewährt man allen Beschäftigten die gleichen Boni und berücksichtigt nicht besondere Härten oder Schwächen oder setzt Anreize für mehr Leistung?
SPD-Gekungel für mehr Ineffizienz und Bürokratie
Dieser Tarifvertrag verschleiert die Probleme in der deutschen Bürokratie und mildert den für die Politik so wichtigen Reform-Druck leider ab. Was stattdessen nötig wäre?
- Eine Reform des öffentlichen Diensts und des Beamtenrechts für mehr Aufstiegschancen, Durchlässigkeit und Leistungsdenken.
- Ein Personalabbau bei Bundesbehörden und ein Ende des Berater-Unwesens.
- Die Verschlankung von 16 Landesbürokratien, wo mit 2,3 Millionen Beschäftigten oft Ineffizienz pur herrscht.
Aber besteht in einer schwarz-roten Koalition ernsthaft der Wille zu einer Bürokratie-Reform?
Fazit:
Beim jetzigen Tarifvertrag war von vornherein klar, was die beiden sozialdemokratischen Verhandlungsführerinnen Karin Welge (Kommunen) und Nancy Faeser (Bund) mit dem sozialdemokratischen Verdi-Boss Frank Werneke aushandeln werden:
- Mit der Gießkanne alle ohne Unterschied glücklich machen.
- Leistung darf sich nicht lohnen.
- Nur ja keine Modernisierung.
- Im Zweifel begleicht der Steuerzahler die Rechnung, zur Not auch über neue Schulden.