Messenger-Alternative: Volla Messages mit großen Versprechungen
Der deutsche Smartphone-Hersteller Volla Systeme hat die Beta-Phase der Volla Messages App eröffnet und damit für viele Schlagzeilen gesorgt. Der Messenger sei eine WhatsApp- und Telegram-Alternative, aber sogar "Made in Germany". Viel Vorschusslorbeeren, die bei genauerer Betrachtung jedoch ziemlich deplatziert wirken.
Für eine erste Beta-Version wenig verwunderlich, bietet Volla Messages momentan nur Basisfeatures: Man könne "Textnachrichten senden sowie Links, Fotos und Dateien teilen – inklusive Download-Option", schreibt der Anbieter. Audio- und Videokonferenzen für Gruppen und Einzelkontakte seien in Planung. Volla Messages ist eine Peer-to-Peer-Anwendung (P2P): Geräte der Nutzer schließen sich zur "Volla Cloud" zusammen und leiten so Nachrichten weiter. Eine Registrierung oder Kontoerstellung soll nicht nötig sein und klassische Server wie bei zentral oder föderiert organisierten Messengern entfallen. Partner, die miteinander chatten wollen, müssen zuvor irgendwie anderweitig einen Kontaktcode austauschen, um einander zu finden.
Um Verfügbarkeit sicherzustellen, verteilen derartige P2P-Systeme Daten oft auf diverse, nicht vertrauenswürdige Endgeräte. Sie müssen dann großen Aufwand treiben, um Datenintegrität und -sicherheit herzustellen sowie beispielsweise Betroffenenrechte nach der DSGVO zu garantieren. Volla umgeht diese Probleme, indem Daten ausschließlich zwischen Chatpartnern weitergegeben werden, wie das Unternehmen auf Nachfrage von heise online erklärt. Das bedeutet aber auch "dass ein Nachrichtenaustausch nur möglich ist, wenn mindestens ein weiterer Knoten im Netz verbunden ist." Chatpartner müssen bei Volla Messages also simultan online sein. In Gruppen können Teilnehmer Nachrichten anderer Mitglieder weiterreichen, sodass es genügt, wenn verschiedene Teile der Gruppe überschneidend online sind.
Irgendwas mit "Krypto"
Technisch baut die Volla-Cloud auf dem Projekt Holochain auf. Diese "Post-Blockchain-Technologie" zeichnet sich laut Volla dadurch aus, dass Informationen auch gezielt gelöscht werden können. Üblicherweise ist gerade die Unlöschbarkeit von Informationen in Blockchains einer der zentralen Gründe für ihren Einsatz. Welche Vorteile die Holochain als Messenger-Basis gegenüber anderen P2P-Systemen bieten soll, erklärt die Pressemitteilung nicht.
Auf Nachfrage von heise online erläutert der Hersteller, dass die Holochain keine Blockchain sei, aber durch Distributed Hashtables (DHT) "analog dem Blockchain-Ansatz eine Veränderung und Kompromittierung der Daten verhindert" würde. Weil aber durch Versionierung einer DHT Daten permanent gelöscht werden könnten, überwinde das System zwei grundlegende Probleme der Blockchain, Energieverbrauch und unbegrenztes Datenwachstum.
DHTs sind ein üblicher und jahrzehntealter Baustein von P2P-Systemen und die Veränderung und Kompromittierung von Daten verhindert praktisch jeder Messenger mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, üblicherweise über Signaturen. Welche konkreten Vorteile die Holochain für einen Messagingdienst bietet, bleibt offen.
Apropos Verschlüsselung, das vielleicht wichtigste Qualitätskriterium für Messenger. Wünschenswert ist heutzutage echte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung auf der Basis etablierter und getesteter Verschlüsselungsverfahren, wie sie beispielsweise Threema, Signal, Matrix, iMessages und sogar WhatsApp bietet. Doch auch zur Verschlüsselung des Messengers fanden wir weder in der Pressemittleilung noch im GitHub-Repository irgendwelche Angaben – nicht einmal, ob Volla überhaupt eine einsetzt. Lediglich in einem Screenshot sieht man, dass die App mit "Verschlüsselt" wirbt. Auf Nachfrage bestätigt Volla, dass eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zum Einsatz komme und verweist darauf, dass die Volla Cloud auf dem "Holochain Pattern der gleichnamigen Stiftung" basiere. Ein eigenes Whitepaper habe man noch nicht veröffentlicht, demnächst werde Volla aber seine Website aktualisieren und Informationen zur Volla Cloud bereitstellen.
Vorläufiges Fazit
Volla Messages wird noch viel wachsen und dokumentieren müssen, bis es eine "sichere Messenger-Alternative zu WhatsApp und Telegram" sein kann. Im Unterschied zu WhatsApp steht immerhin der Quellcode der App zur Verfügung. Open Source ist die App allerdings nicht, die Einschränkungen der "Volla License" dürften kaum den Ansprüchen der Open Source Initiative oder der Free Software Foundation genügen – den traditionellen Hütern der Labels "Open Source" beziehungsweise "Free Software". Bis dahin greift man besser zu einem anderen Messenger: Es gibt viele, die langjährig erprobt, Open Source und dokumentiert gut verschlüsselt sind.