Analyse von Ulrich Reitz: Mit einem Satz vernichtet Esken Merz' Asylwende

Die SPD will keine Migrationswende a´ la Merz. Sie lehnt allein den Gedanken an eine Asylwende ab. Saskia Esken, die Co-Vorsitzende der SPD, hat auf den letzten Metern im Koalitionspoker noch ein Ass aus dem Ärmel gezogen. 

Das neue Argument der SPD-Chefin ist ihre Ein-Satz-Antwort auf die Frage nach der Asylwende. Esken sagt: „Wir hatten die Wende bereits.“ Das ist so frech wie wirksam. 

Die Sozialdemokraten haben nichts im Sinn mit einer Asylwende, zuletzt breitete die sozialdemokratische Bundesinnenministerin ihr dazu passendes migrationspolitisches Zahlenwerk aus. Aus dem hat sich Esken nun politisch bedient. 
 

Merz ist weiter denn je von seinem Versprechen entfernt 

Nancy Faeser schlug, kurz vor dem Ende ihrer Amtszeit, den Pass, Esken verwandelte ihn in ein Totschlagargument: Dank der Grenzkontrollen, so die Innenministerin, sei die Migration um mehr als ein Drittel zurückgegangen. Die Zahl der Abschiebungen nehme hingegen zu. Esken machte daraus ein sozialdemokratisches: Weiter so. 

Damit ist Friedrich Merz weiter denn je davon entfernt, sein Migrationswende-Versprechen einzulösen. Zur Erinnerung der CDU-Chef im Wortlaut: 

Er werde „am ersten Tag meiner Amtszeit das Bundesinnenministerium im Wege der Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers anweisen, die deutschen Staatsgrenzen zu allen unseren Nachbarn dauerhaft zu kontrollieren und ausnahmslos alle Versuche der illegalen Einreise zurückzuweisen. Es wird ein faktisches Einreiseverbot in die Bundesrepublik Deutschland für alle geben, die nicht über gültige Einreisedokumente verfügen oder die von der europäischen Freizügigkeit Gebrauch machen. Das gilt ausdrücklich auch für Personen mit Schutzanspruch.“

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Der Union reicht ein kleiner Parteitag

Das ist der Maßstab des mutmaßlich neuen Bundeskanzlers. Daran werden ihn die Wähler der Union messen, auch wenn sie, anders als die sozialdemokratischen Parteimitlieder, nicht über das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen abstimmen dürfen. Sie werden nicht einmal nach ihrer Meinung gefragt. Der Union reicht ein kleiner Parteitag, der aus Funktionären besteht, um einen Koalitionsvertrag abzusegnen. 

In Deutschland ist nach der Wahl immer auch wieder vor der Wahl. Und die nächste findet in Nordrhein-Westfalen statt. Im September sind Kommunalwahlen im bevölkerungsreichsten Bundesland. Man wird dann sehen, ob die AfD von nicht gehaltenen Unionsversprechen ebenso wird profitieren kann wie von einer absehbar weitgehend ausgebliebenen „Asylwende“. 

Was auch für die SPD bitter werden könnte. In Gelsenkirchen, der deutschen Stadt mit der höchsten Arbeitslosigkeit im ganzen Land, hatte zum ersten Mal in der bundesrepublikanischen Geschichte die AfD die SPD abgehängt: Ausgerechnet in der Malocher-Metropole, der Schalke-Stadt, im Revier, das länger als 40 Jahre sozialdemokratische Domäne war. 

Esken ist eine Verliererfrau 

Eskens Wahlkreis ist davon weit weg. Betroffen von der Entwicklung ist auch sie. Eine Rolle spielt die „blaue Gefahr“ erkennbar nicht. Die SPD-Chefin stammt aus dem Schwarzwald, ihr Wahlkreis liegt in Calw. Die SPD war hier chancenlos. 

Bei der Bundestagswahl verlor die baden-württembergische Listenführerin Esken hier mehr als sechs Prozent. Die AfD konnte um fast 13 Prozent zulegen – die SPD liegt in Calw nur auf Platz drei. Den Wahlkreis holte CDU-Mann Klaus Mack locker. 

Esken ist eine Verliererfrau – und doch ist ihr Einfluss groß, weil sie als Integrationsfigur für den linken Parteiflügel gilt. Dieser linke SPD-Flügel ist von jungen Grünen kaum noch zu unterscheiden. 

Zuletzt machten die Berliner Jusos mit der Forderung auf sich aufmerksam, den Begriff „Islamismus“ aus dem Vokabular schlicht zu streichen; denn der sei „stigmatisierend“ und „rassistisch“. Darüber sollte man nicht lächeln. 

SPD haben die Migrationsdebatte zu ihren Gunsten gedreht

SPD und Grüne haben es in den vergangenen Jahren fertiggebracht, die Migrationsdebatte über den Rassismus-Begriff zu ihren Gunsten zu drehen. Wer künftig von „Islamismus“ redet, der muss damit rechnen, von den Berliner Jusos als „Rassist“ gelabelt und – Cancel Culture – aus der politischen Debatte eliminiert zu werden. 

Die „ständige Zunahme“ des Islamismus in den vergangenen Jahren, die Islamforscher wie Ursula Schröter beklagen und auf eine „Naivität der deutschen Politik“ zurückführen, soll als Problem von den Jusos sprachlich gelöscht werden. 

Dabei ist der Islamismus oder auch der politische Islam eine Herrschaftsideologie – und nicht bloß gelebte Religionsfreiheit nach dem Grundgesetz. Für Islamisten steht das Kalifat über dem Grundgesetz. Die Bedrohung Deutschlands durch diese Form von Totalitarismus war in den Koalitionsverhandlungen, nach allem, was man von dort hört, kein Thema. 

Es gibt zwei Lösungen für die Migrationskrise 

Für die Migrationskrise, die vor allem eine der Städte in Deutschland ist, gibt es Lösungsvorschläge. Der eine heißt: Drittstaatenlösung, der andere: Kontingentlösung. Die Grenzen zwischen beiden Ideen, die in der Fachwelt seit langem diskutiert werden, sind fließend. 

Der erste Spitzenpolitiker, der eine Kontingentlösung ins Spiel brachte, war der CDU-Mann Thorsten Frei, einer der engsten Vertrauten von Friedrich Merz. Zuletzt beflügelte diese Idee der Bamf-Chef, Hans-Eckard Sommer. An diesem Dienstag machten sich der Migrationsfachmann Gerald Knaus und der Sicherheitsexperte Peter Neumann die Idee zu eigen. 

Deren Kernpunkt: Wer als Flüchtling in Deutschland aufgenommen werden will, stellt seinen Antrag von einem Drittland aus. Dort wird, mit Hilfe der Flüchtlingsorganisation der Vereinten Nationen, entschieden, wer Aussicht hat, den Flüchtlingsstatus in Deutschland zugesprochen zu bekommen. Deutschland – bzw. Europa – legt eine Aufnahmequote fest. 

Dafür müsste das individuelle Asylgrundrecht geändert werden. Demnach hat jeder, der, auch ohne Papiere und auch nach einer Aufnahme in einem sicheren Drittland, an der deutsche Grenze das Wort „Asyl“ sagt, Anrecht auf eine rechtliche Überprüfung seines Aufnahmeanliegens. Den Rechtsanwalt für ihn zahlt der deutsche Staat. 

Früher war die SPD noch rot - und nicht ergrünt 

Dieses Verfahren ist, darauf weisen die Experten hin, sozial ungerecht und humanitär fragwürdig. Es privilegiert „wohlhabende“ Migranten, die einen Schlepper bezahlen können. Schlepper, das sind Menschenhändler, sie sind Teil der international agierenden Organisierten Kriminalität. 

SPD-Chefin Esken erklärt diese Grundgesetz-Regelung für grundsätzlich unantastbar. Wobei sie ignoriert, dass der Verfassungsartikel 16 vor gut 30 Jahren gravierend geändert wurde – mit Hilfe der damaligen SPD. Die allerdings war noch rot und sozial – und nicht ergrünt. 

Einer Asylwende, wie Merz sie verfolgt (hat), setzen Esken und Faeser nicht nur die Wanderungs-Statistiken entgegen, sondern auch das GEAS. Die europäische gemeinsame Asylpolitik soll in deutsches Recht übertragen werden. So wird es auch im Koalitionsvertrag stehen. Die Ministerin und die Parteichefin verkaufen das GEAS als politischen Durchbruch. 

Was es nicht ist. Worauf etwa Bamf-Chef Sommer hinweist. Das GEAS führt strengere Asylkontrollen ausschließlich für Menschen aus Herkunftsländern ein, in denen die „Schutzquote“ unter 20 Prozent liegt. Damit fallen die Hauptherkunftsländer aus diesem System heraus – Irak und Afghanistan. Bei der Türkei wird es knapp. 

Zahl der Migranten aus Griechenland nach Deutschland nimmt zu 

Auf dieses GEAS wird sich wohl auch die Koalitionsvereinbarung von SPD und Union stützen – die tatsächlichen Änderungen werden sich damit in engen Grenzen halten. Im Übrigen sinken die Zahlen in Deutschland weniger wegen der von Faeser erst unter dem Druck der Union und der AfD eingeführten Grenzkontrollen, sondern: 

Weil vor kurzem die Balkanroute von Serbien nach Ungarn geschlossen wurde. Dessen ungeachtet nimmt gerade wieder die Zahl der Migranten aus Griechenland nach Deutschland zu, wo sie im Prinzip schon sicher waren. 

Dies liegt augenscheinlich an einem kürzlichen Urteil, das der europäische Menschenrechts-Gerichtshof gefällt hat. Danach durfte ein syrischer Asylbewerber nicht nach Griechenland zurückgeschoben werden. Angeblich erfüllt Griechenland die europäischen Asyl-Standards nicht. Seitdem kommen immer mehr Asylsuchende aus Griechenland nach Deutschland. 

Änderung der Zustände durch neue Regierung ist nicht in Sicht

Zuletzt waren es, die "Bild"-Zeitung berichtete unter Bezugnahme auf Bamf-Zahlen darüber, 24800 Erstantragsteller, „denen bereits in Griechenland ein Schutzstatus zuerkannt wurde“. 

Das Frei-Sommer-Knaus-Neumann-Modell gibt es schon. Per Bundesaufnahmeprogramm konnten etwa besonders schutzbedürftige Syrer, die in UN-Lagern von deutschen Behörden sicherheitsüberprüft waren, nach Deutschland kommen. Dieses Programm wurde - unter dem Eindruck hoher Zahlen und des sogenannten Visa-Skandals des Auswärtigen Amtes - für die Dauer der laufenden Koalitionsverhandlungen gestoppt. 

Die Schlussfolgerung liegt auf der Hand: Wegen des Missbrauchs mit dem großzügigen Asylrecht und der Dysfunktionalität des sogenannten Dublin-Modells, die auch Esken nicht bestreitet, können besonders Schutzbedürftige nicht nach Deutschland kommen. 

Eine durchgreifende Änderung dieser Zustände durch die neue Bundesregierung allerdings ist nicht in Sicht.  

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