Ölpreis-Verfall gefährdet Russlands Wirtschaft - ab diesem Preis zittert Putin

Die Ölindustrie ist die wichtigste Branche in Russland, gerade in den aktuellen Kriegszeiten. Rund ein Drittel aller Staatseinnahmen werden über das schwarze Gold generiert. Doch die Einnahmen sinken. Schon im März meldete das Finanzministerium in Moskau einen Einbruch um 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 

Im April dürfte der Trend weitergehen, denn nachdem US-Präsident Donald Trump vergangene Woche hohe Zölle gegen fast alle Länder der Erde verkündete, brachen die Ölpreise in Erwartung einer schwächeren Weltwirtschaft und damit geringerer Nachfrage um rund 15 Prozent ein. Damit kommen Russlands Ölfelder mittlerweile nahe an den Punkt, an dem sie nicht mehr profitabel sind. Öl-Experten glauben zwar, dass Russland deswegen nicht sofort die Produktion drosseln wird, doch die Einnahmen dürften kurzfristig dadurch stark sinken.

Zu diesen Preisen verkauft Russland sein Öl

Der Ölpreis wird auf dem Weltmarkt in der Einheit Barrel gemessen, welche rund 159 Litern entspricht. Allerdings gibt es nicht den einen Ölpreis, sondern viele verschiedene Preise. Öl wird nach Sorten unterschieden, die wiederum nach den verschiedenen Herkunftsländern oder -Regionen unterteilt sind. 

Für Deutschland entscheidend ist etwa die Sorte Brent. Das ist Öl, welches aus der Nordsee gefördert wird, benannt nach dem Ölfeld „Brent“ zwischen Norwegen und Großbritannien. Der Brent-Preis hat sich über die Jahre als globaler Referenzpreis durchgesetzt, an dem sich viele andere Sorten orientieren. Das Barrel Brent-Öl kostet heute rund 64 Dollar. Vor einer Woche waren es noch 75 Dollar – ein Minus von 15 Prozent.

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Urals-Öl ist die wichtigste Sorte

Russland besitzt drei Ölsorten, die es mit unterschiedlichen Preisen exportiert. Am wichtigsten ist „Urals“, eine Sorte, die hauptsächlich in der gleichnamigen Bergkette gefördert wird. Urals-Öl wurde vor dem Ukraine-Krieg über Pipelines und das Schwarze Meer vornehmlich nach Europa exportiert. 

Daneben gibt es noch die Sorte Espo, die in Ostsibirien gefördert und per Pipeline an den Pazifik geleitet wird. Von dort geht sie über Tanker vor allem nach China, vor dem Krieg auch nach Japan. Die dritte Sorte nennt sich Sokol und wird auf der Insel Sakhalin nördlich von Japan gefördert. Sie wird ebenfalls nach China und Indien exportiert.

Ölsorten auf 60 Barrel pro Barrel limitiert

Der Preis für jede dieser russischen Sorten ist durch internationale Sanktionen auf 60 Dollar pro Barrel limitiert. Um Öl trotzdem teurer verkaufen zu können, hat sich Russland eine Schattenflotte aus geschätzt 400 alten Tankern zugelegt, die sein Öl im Geheimen über die Weltmeere schippern. Dort wird es oft auf offizielle Tanker umgelagert und dann etwa nach Indien und China exportiert.

Doch die beiden asiatischen Großmächte nutzen Russlands Notlage dabei schamlos aus. Sie haben einen Preisnachlass von 15 bis 20 Dollar pro Barrel gegenüber dem Preis für Brent ausgehandelt. Beim bisherigen Brent-Preis von 75 Dollar zahlten sie also nur 55 bis 60 Dollar pro Barrel. Die genauen Preise sind nicht bekannt, weil der Handel eben auf dem Schwarzmarkt stattfindet. Auch das ist ein Grund für den Rabatt. Die Abnehmerländer müssen ständig fürchten, irgendwann selbst dafür sanktioniert zu werden, was sie sich ebenfalls mit Rabatten bezahlen lassen.

Warum der Ölpreisfall Russland jetzt in die Bredouille bringt

Lag der Verkaufspreis für russisches Öl vor einer Woche also noch bei geschätzten 55 bis 60 Dollar pro Barrel, dürfte er jetzt ebenfalls deutlich sinken. Wenn russisches Öl 60 Dollar kostet, der Weltmarktpreis aber nur bei 65 Dollar liegt, dann haben auch Indien und China wenig Anreize, für 5 Euro pro Barrel die Risiken des Handels mit der Schattenflotte einzugehen. Entsprechend muss Russland seine Preise also senken, um weiterhin Öl verkaufen zu können. 

Der Kreml ist auf die Einnahmen aus dem Geschäft angewiesen. Im Jahreshaushalt für 2025 hatte die Regierung noch mit 70 Dollar pro Barrel gerechnet. Jeder Dollar weniger muss also anderweitig kompensiert werden. Aktuell geschieht das meist noch darüber, dass Russland einen noch rund 50 Milliarden Dollar schweren Staatsfonds anzapft. Ist der leer, müssen Kredite helfen. Das wird dann richtig teuer, denn der aktuelle Zins für 10-jährige Staatsanleihen Russlands liegt bei 15,5 Prozent.

Bei welchem Ölpreis ist die Produktion nicht mehr rentabel?

Zudem gibt es für jedes Ölfeld einen Punkt, an dem die Produktions- und Exportkosten den Erlös übersteigen. Jedes ölproduzierende Land ist also auf einen bestimmten Ölpreis angewiesen, um sein schwarzes Gold noch profitabel ausliefern zu können. Wo genau dieser Break-Even liegt, wird kein Betreiber freiwillig verraten, Analysefirmen versuchen dies aber zu schätzen. Entscheidend ist, wie das Öl in einem Land gewonnen wird. So sind Bohrplattformen im Meer grundsätzlich teurer als an Land, tiefe Bohrungen oder Fracking in den USA etwa teurer als geringere Bohrungen in Saudi-Arabien.

Für Russland sind die Break-Even-Punkte sehr niedrig, weil die Ölfelder hier günstig betrieben werden können. Verschiedene Analysten, darunter etwa von Saudi-Arabiens Staatsbetrieb Aramco und der Internationalen Energie-Agentur (IEA) schätzen die Produktionskosten auf 15 bis 25 Dollar pro Barrel. Hinzu kommen die Kosten für Transport und Export. Sie lagen vor dem Ukraine-Krieg bei wenigen Dollar pro Barrel, weil zum Beispiel nach Europa die Pipelines durch den ehemaligen Ostblock genutzt werden konnten. Die sind jetzt aber stillgelegt. Zudem ist der Betrieb einer Schattenflotte teurer als von normalen Tankern, weil etwa die Kosten für Versicherungen, das Umladen es Öls und so weiter steigen. Aramco schätzt den Break-Even-Punkt für russisches Öl im Schnitt deswegen nun auf 44 Dollar pro Barrel. Andere Analysten nennen eine ähnliche Spanne von 40 bis 45 Dollar.

Russland nähert sich dem unteren Limit

Sollte Russland gegenüber dem aktuellen Brent-Preis von 65 Dollar pro Barrel also weiterhin einen Rabatt von 15 bis 20 Dollar gewähren müssen, lägen sie mit 45 bis 50 Dollar nahe an dieser profitablen Grenze. Selbst, wenn diese überschritten wird, bedeutet das aber nicht, dass das Land dann jegliche Ölförderung einstellen würde. 

Die Betreiberkonzerne wie Gazprom würden dann aber wohl die Förderung in teuren Ölfeldern zumindest drosseln. Zum einen würde das ihre Verluste minimieren, zum anderen besteht die Hoffnung, durch eine Verknappung der Ölförderung die Preise wieder nach oben zu treiben. „Bei 40 Dollar wird Russland vielleicht erste Ölfelder stilllegen“, sagt Sergei Guriev, Dekan an der London Business School, gegenüber der Financial Times.

Öleinnahmen Russlands werden 2025 deutlich schwinden

Auch, wenn es nicht so weit kommt, werden die Öleinnahmen Russlands in diesem Jahr deutlich schwinden. Im März fehlten Russland rund 2,5 Milliarden Euro Einnahmen aus dem Ölgeschäft. Dabei geht es vor allem Abgaben der Ölkonzerne in Form von Steuern und Zöllen. Über die ersten drei Monate des Jahres 2025 kumulierte sich der Verlust gegenüber dem Vorjahr auf 3,2 Milliarden Euro. 

Sofya Donets, Chef-Ökonomin bei T-Investments, schätzt gegenüber der Moscow Times, dass Russland Einnahmen aus dem Öl- und Gasgeschäft in diesem Jahr auf 21,8 Milliarden Euro sinken könnten. Das wäre nur rund ein Fünftel der Einnahmen, mit denen im Staatshaushalt gerechnet wurde. Nur ein Teil davon geht auf den sinkenden Ölpreis zurück. Wichtig ist hierbei auch, dass der Rubel-Kurs gegenüber dem Dollar seit Neujahr um 36 Prozent gestiegen ist. Russland Exportgeschäfte werden in Dollar bezahlt. Bei steigendem Rubel-Kurs sind diese Dollar dann weniger in der russischen Währung wert, die Einnahmen schwinden also.

Sinkender Ölpreis bedroht auch andere Länder

Wie weit der Ölpreis noch sinken wird, ist aber ungewiss, denn auch andere Länder brauchen gewisse Preise, mit denen sie in ihren Staatshaushalten gerechnet haben – und werden entsprechend dafür sorgen, dass diese Preise auch erreicht werden. Ganz vorne liegen etwa Saudi-Arabien mit 90 Dollar und Kuwait mit rund 80 Dollar. Die Vereinigten Arabischen Emirate wären auch bei 50 Dollar pro Barrel noch profitabel für den Staatshaushalt. Die Zahlen gehen auf Schätzungen des Internationalen Währungsfonds zurück. Die USA sind von den Öleinnahmen nicht so stark abhängig, dass es hier einen Break-Even-Preis für das ganze Land gibt. Für Unternehmen wird er dort auf 55 bis 65 Dollar pro Barrel je nach Ölfeld geschätzt.

Wie sich der Ölpreis in diesem Jahr weiterentwickeln wird, ist noch unklar. Die OPEC, der die wichtigsten Förderstaaten außer Russland und den USA angehören, hatte im März überraschend beschlossen, die Fördermengen ab April wieder zu steigern, was den Preis drücken würde. Allerdings passierte das vor Trumps Zoll-Ankündigung. Diese könnte die Weltwirtschaft und damit die Öl-Nachfrage schwächen, was den Preis weiter drücken würde. Möglich ist, dass sie OPEC darauf wieder mit Förderkürzungen reagieren wird.

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