„Widerlich und erschütternd“: Deutscher Star-Violinist sagt US-Tour wegen Trump ab
Der renommierte deutsche Violinist Christian Tetzlaff hat sich entschlossen, vorerst keine Konzerte mehr in den USA zu spielen. Wie er der „New York Times“ erklärte, fiel die Entscheidung nach einem Auftritt in Chicago, nach dem er sich unwohl fühlte. „Ich fühlte mich wie ein Kind, das einen Horrorfilm anschaut“, sagte der 58-Jährige der Zeitung. Die politischen Entwicklungen unter Donald Trump seien für ihn nicht mehr tragbar, insbesondere dessen Annäherung an Russland , der massive Stellenabbau sowie die Auswirkungen der Regierungspolitik auf Trans-Menschen.
Tetzlaff sagt Konzert in der berühmten Carnegie Hall in New York ab
Tetzlaff zog daraus Konsequenzen und sagte eine geplante Tournee durch acht US-Städte ab, darunter auch ein Konzert in der berühmten Carnegie Hall in New York. Gegenüber der „New York Times“ betonte er, dass er nicht einfach weiter auftreten und schöne Konzerte spielen könne, während ihn eine tiefe Wut über die aktuelle Situation in den USA begleite. Er habe sich gefragt, ob er weiter in einem Land spielen könne, das mit seinen Steuerabgaben politische Maßnahmen finanziere, die er nicht mittragen könne.
Im Gespräch mit „NDR Kultur“ erklärte Tetzlaff, wie schwer ihm diese Entscheidung gefallen sei. Die USA seien mit jährlich rund 20 Konzerten sein musikalisches Hauptbetätigungsfeld. Dennoch könne er angesichts der aktuellen Lage kein reines Unterhaltungsprogramm mehr spielen. „Man würde erwarten, dass Millionen auf die Straße gehen, weil alles abgeschafft wird, wofür Amerika stand“, sagte er dem Sender. Stattdessen herrsche „absolute Stille“. Viele amerikanische Musikerinnen und Musiker seien ebenso deprimiert, doch kaum jemand äußere sich öffentlich.
Star-Geiger sagt US-Tour wegen Trump ab: „Widerlich und erschütternd“
Besonders erschüttert habe ihn die Nachricht, dass zehntausende Menschen per E-Mail über ihre Entlassung informiert wurden. „Die Freude der Befürworter dieser Maßnahme und der Mangel an Mitgefühl für die betroffenen Familien ist widerlich und erschütternd“, sagte er gegenüber „NDR Kultur“.
Tetzlaff sieht darin eine Entwicklung, die nicht nur die USA betrifft. „Die Zeit der Unschuld ist jetzt vorbei“, betonte er und forderte dazu auf, Zeichen zu setzen. Musikerinnen und Musiker mit einem guten Standing könnten beispielsweise einen Teil ihrer Honorare für Fonds spenden, die entlassene amerikanische Familien unterstützen. Er wolle niemanden belehren, erklärte Tetzlaff, aber für sich persönlich habe er diesen Schritt als notwendig empfunden: „Ein Schrei, weil uns das alle betrifft.“
Dennoch will er nicht vollständig auf Auftritte in den USA verzichten. Benefizkonzerte, etwa zur Unterstützung der Ukraine oder zur Stärkung der Frauenrechte, könne er sich weiterhin vorstellen, erklärte er gegenüber der „New York Times“.
ce